Eines der Dinge die ich in den Wohnungen andere Menschen mag, ist, das Inspizieren des Bücherregals. Nicht nur dass man dabei viel über eine Person lernen kann [1], sondern auch ob es nicht eine Inspiration für einen selbst gibt. Eine gute Buchempfehlung, von jemanden den man kennt, wiegt für mich mehr als ein roter "Spiegel Bestseller" Aufkleber. Und da gibt es einige Bücher die halt immer wieder auftauchen. "Extrem laut und unglaublich nah" von Jonathan Safran Foer ist so ein Kandidat [2], "Hitchhikers Guide to the Galaxy" vermutlich auch. Und halt tschick von Wolfgang Herrndorf.

photo_2021-05-02-13.12.08.jpeg

Vor zwei Wochen kaufte ich es mir mit dem Gedanken dass "es so schlecht ja nicht sein kann, so oft wie ich es bereits gesehen habe" und "einen Film hat es ja schliesslich auch schon gegeben" [3]. Und heute morgen, unklar womit ich den Tag beginnen sollte, habe ich das Buch genommen und angefangen die Geschichte von Maik und seinen russischen Mitschüler Tschickk zu lesen, die sich aufmachten in einem geklauten Lada in die Walachei zu fahren.

Ca. 4h später las ich dann die letzte Seite und dachte "das war schön. Richtig schön". Das ist zum einen beeindruckend weil ich nicht weiss wann ich zum letzten Mal ein Buch von vorne bis hinten am Stück gelesen habe [4] und zum anderen aber auch nicht überraschend wenn man mit einer Nostalgie-Brille eines 37jährigen Mannes auf die Geschichte - erzählt aus der Perspektiven eines 14jährigen Jungen - blickt und sich genau so einen Roadtrip damals auch gewünscht hätte.

Einmal mit dem anderen Jungen, dessen Umgang mir meine Eltern vermutlich verboten hätten, auch ein Auto besorgen, einen Roadtrip durch Deutschland machen und irgendwie interessante Leute treffen. Unglaublich viele interessante Leute [5]. Subjektivität ist also bei meiner Meinung nicht gegeben. Und Filme/Bücher über Roadtrips und dem Begegnen anderer interessanter Menschen mag ich auch. David Lynch's The Straight Story zum Beispiel. Oder Im Juli von Fatih Akin. Oder Into The Wild.

Auf der Buchrückseite steht eine Kritik dass man noch in 50 Jahren dieses Buch lesen wird. Ich weiss nicht ob ich das so unterschreiben würde. Es ist kein "Der Fänger im Roggen", aber es war sicher eins: Unterhaltsam! Und dass fanden sicher auch all' die Leute die dieses Buch im Regal stehen hatten.


  1. Ein Regal ist als Reliquienaltar zu sehen. Wir stellen dort Dinge hin die uns gefallen und uns Freude bereitet haben oder es immer noch tun. Bilder, Pflanzen - und eben auch Bücher - die Art von Büchern die nicht in Schublade verschwinden oder im nächsten Bücherschrank oder "Zu Verschenken" Korb landen ↩︎

  2. In der Tat steht dieses Buch auch in meinen Regal, obwohl ich mich nicht erinnern kann es jemals gelesen zu haben oder mich auch am Entferntesten an seine Herkunft zu erinnere. Aber vielleicht ist dass ja bei jedem so, vielleicht hat sich ein Verlag einfach mal entschieden dieses Buch wahllos nachts in fremden Bücherregalen zu verteilen ↩︎

  3. Wobei ein vorhandener Film wirklich kein Qualitätsmerkmal ist. ↩︎

  4. Vermutlich war es "Das Parfüm" von Patrick Süsskind. Womit ich nicht sagen will dass es auf einer Stufe mit diesem Buch steht. ↩︎

  5. An einer Stelle besagt das Buch es selbst, die Chance nicht auf eine einzige schlechte Person zu treffen ist durchaus gering. Der Narrative wegen hab ich dies aber schon vorher einfach so akzeptiert. ↩︎