Der Blick von meiner Leseecke, im schlechten Licht.

Zuerst die Zahlen: Ich habe im Jahr 2021 insgesamt 42 Bücher gelesen - mit insgesamt 16.172 Seiten. Das kürzeste Buch hatte 172 Seiten, das längste 1072. Die durchschnittliche Buchlänge war 385 Seiten. Und da ich ein ziemlich positiver Mensch bin und erstmal nur die guten Dinge überall sehe, war meine Durchschnittsbewertung auf Goodreads 4.2 von 5.

Wäre das somit abgehakt.

Nun in Worten:

Was waren die besten Bücher in 2021?

Grundsätzlich gehört jedes Buch, also wirklich JEDES Buch, dass dieses Jahr von Fredrik Backman gelesen habe zu den besten Büchern die ich dieses Jahr gelesen habe. Und Ein Mann namens Ove ist da ganz weit vorne. Backman hat es geschafft mich laut auflachen zu lassen, nur um dann zwei Absätze später meine Männlichkeit in Frage zu stellen und mir eine kleine Träne runterlief. Dieses Buch war eine emotionale Achterbahnfahrt. Ein Feel-Good Buch, ein lustiges Buch, ein trauriges Buch, kurz - eines der besten Bücher ich ich je las. Die Bücher Oma lässt grüßen und sagt, es tut ihr leid sowie Britt-Marie war hier haben diesen Effekt auch fast gehabt, aber die Geschichte um Ove ist vermutlich unschlagbar. Und gerade als ich dachte, dass Backman nur diese Art von Buch drauf hat, las ich Stadt der großen Träume und Wir gegen Euch und war überrascht wie unterschiedlich diese waren. Nüchtern und Brutal erzählen diese beiden ersten Teile einer Trilogie (Teil 3 wohl dann 2022) die Geschichte einer Eishockey Stadt und seine Einwohner.

Dann gab es noch Arbeit und Struktur von Wolfgang Herrndorf. Basierend auf den gleichnamigen Blog, hat Herrndorf hier seine Leben mit einen Hirntumor verarbeitet und lässt einen hautnah miterleben wie er sich mit der psychischen Belastung seinen Todes, der ablaufenden Uhr und dem langsamen geistigen Verfall beschäftigt - dazu seinen Schreibprozess zu Tschick und allgemeine Beobachtungen niederschreibt. Das Buch kann einen sehr mitnehmen und immer wieder stellt man sich selbst die Frage was ich in seiner Situation machen würde und ich es mir gleichzeitig nichtmal vorstellen kann, was der Autor durchgemacht hat.

Piranesi, wohlmöglich das Buch war was mich am meisten überrascht hat. Hörte immer wieder dass esziemlichj gut sein soll, aber nie so richtig Lust gehabt. Die Inhaltsbeschreibung ist sehr vage und ich hatte einfach keine Ahnung was mich erwartet. Und hätte ich gewusst dass genau dieses Unwissen dem Buch so gut tut, hätte ich es schon viel viel früher gelesen. Sprachlich und Inhaltlich großartig. Eines der wenigen Bücher die man liest und irgendwie direkt nochmal lesen möchte.

Was waren die schlechtesten Bücher?

Generell hab ich dieses Jahr wenig "schlechte" Bücher gelesen. Liegt daran dass ich generell meistens schon vorher schaue ob ein Buch etwas für mich sein kann und ich wenig "spontan" kaufe [1]. Gehe ich aber rein nach den Zahlen ist für mich Catcher in the Rye und Picknick am Wegesrand dieses Jahr ganz weit oben. Zwei Klassiker - und für mich zwei Bücher die beide leider schlecht gealtert sind, wobei zumindest ein Buch mit einer besseren Übersetzung vielleicht reparierbar wäre.

Was war die beste Buchreihe die ich 2021 gelesen habe?

Vermutlich sind es die beiden Beartown Bücher von Fredrik Backman, aber da hier noch Teil 3 fehlt, will ich diese jetzt nicht als beste Buchserie 2021 ausrufen. Ausserdem habe ich Backman heute schon genug gelobt. Deswegen...

Rein von der Konsistenz in der ich unterhalten wurde, denke ich dass The First Law von Joe Abercrombie am längsten hängen bleiben wird. Zum einen weil es ein Fantasy Buch war, wovon ich dieses Jahr nicht sehr viele gelesen habe. Zum anderen weil es schonungslos brutal in der Beschreibung von Worten, aber noch schlimmer mit Leben und Schicksalen der Figuren umging. Einige sehr explizite Beschreibungen von Gewalt habe ich immer noch im Kopf. Und einige Implikationen und Enthüllungen die es am Ende gab, auch. Das war dann der Moment wo ich das Grimdark Genre entdeckt habe.
Zwar wird man etwas holprig in das Universum geworfen, aber sobald man drin ist, ist es faszinierend. Also ja. The First Law.

Weitere lobende Erwähnungen wären:

  • Die beiden Buchreihen welche BEIDE sehr ähnlich, und dennoch komplett unterschiedlich sind. Imperial Radch, in der eine Raumschiff KI in einen menschlichen Körper steckt und die Bobiverse Bücher, in der ein Mensch als KI in einem Raumschiff steckt. Wo die Reihe von Ann Leckie ziemlich Reihe schwer, dunkeldüster und erbarmungslos ist, sind Taylors Bobiverse Bücher locker, erheiternd und mit einer sehr positiven Note versehen.
  • Die Silo Bücher von Hugh Howey. Sehr endzeitig und mit überraschenden Perspektivwechsel.
  • Asimovs Foundation Trilogie. Hier habe ich altbackende Science Fiction erwartet und bekam eine Space Opera mit einer epischen Zeitspanne.

Welches hat mich am meisten enttäuscht?

Die Murderbot Diaries. Der erste Band war damals vielversprechend. Nicht komplex in Lyrik und Schreibe, und inhaltlich hat die Welt auch nicht viel geboten. Aber die Idee einen Roman aus der Sicht eines Killerroboters zu schreiben, der dazu starke soziale Phobien entwickelt, war toll. Und habe bei einigen Momenten sehr laut lachen müssen, bei anderen wiederum stark mitfühlen. Teil 2 - Artificial Intelligence - war dann noch gut - zerrte aber im Nachhinein noch viel an den positiven Emotionen des Vorgängers. Rogue Protocol - der dritte Teil - dann mit das langweiligste was ich dieses Jahr gelesen habe. Mit den angerichteten Schaden konnte Exit Strategy dann auch nichts mehr retten. Schade.

Und wie gehts weiter?

Ich habe so ein bisschen ein Problem mit dem Konzept der Reading Challenge. Die Einheit Buch ist etwas zu abstrakt als dass man sich gut an ihr messen kann. Bücher können 100 Seiten oder mehr als 1000 Seiten lang sein. Tatsächlich habe ich z.B. Der Anschlag lange vor mich hergeschoben, weil es ja irgendwie meiner "Reading Challenge" schaden könne. Und hier im Regal steht immer noch Brandon Sandersons The Way of Kings - ein mit 1200 eng beschriebener Klopper, den ich nur deswegen nicht angefangen habe, weil es trotzdem nur als ein Buch gilt. Klingt dumm? Ist es auch. Ich setze mir das Ziel selber, ich messe mich selber, alles andere ist eigentlich egal und generell sollte man das Konzept das Tracking nur als Nice-To-Have ansehen, nicht als wichtigen Faktor in der Leseentscheidung. Naja, sollte. Unterbewusst trifft man trotzdem die Entscheidung.

Bücher sollen Spass machen und unterhalten. Nicht wie eine Liste wirken die man abarbeitet.

Deswegen werde ich mich in 2022 eher an der Seitenanzahl als an einer abstrakten Bücherzahl orientieren. 2020 waren es ca. 10000 Seiten, dieses Jahr waren es 16000. Diese Zahl halte ich für überdurchschnittlich hoch, vielleicht sogar pandemiebedingt. Realistisch halte ich eine Zahl von 12.000.

Mein Buchziel für 2022 ist also: 0


  1. Der einzige wirkliche Spontankauf dieses Jahr war Sweet Dreams. Buch hat mir auch nicht gefallen, würde es aber auch nicht als schlecht beschreiben. ↩︎